Interview mit Christian Glanzmann von Eluveitie

Wir sind heute in Neu-Isenburg. Heute Abend treten Eluveitie mit Epica und Scar Symmetry auf. Ich habe jetzt den Chridel (Christian Glanzmann, Sänger) neben mir sitzen. Wie seid ihr auf die Idee gekommen, mit Epica und Scar Symmetry zu touren, denn es sind ja doch relativ unterschiedliche Musikrichtungen.

Wir mögen es, gemischte Packages zu nehmen. Wir mögen es persönlich aber denken auch, dass es für jede Band persönlich eine tolle Sache ist, weil Epica ihr Publikum bringen, wir bringen unser Publikum und das ist für die Konzertbesucher cool. So kann man auch mal was neues entdecken, was man noch nicht kennt und es ist auch für die Band cool, wenn du vor einem Publikum spielen kannst, was dich nicht kennt. Ich finde, es ist für eine Band mit das beste, was einem passieren kann, wenn man vor Leuten spielt, die du von deiner Musik überzeugen musst, weil es eine Herausforderung ist. Es hält dich fit und lässt dich nicht einrosten.
Wir haben schon oft mit Epica gespielt und irgendwann entstand die Idee, das zu machen aber ich weiß nicht mehr wie, es war eine spontane Idee.

Epica war mit euch ja auch schon in Amerika mit auf Tour.

Jein, wir sind gemeinsam in die USA gegangen und haben gemeinsam drei Shows gespielt. Dann musste Simone nach Hause fliegen wegen eines familiären Notfalls. Epica sind dann noch ein paar Tage mitgefahren und haben Meet&Greets durchgeführt und waren trotzdem dabei, weil noch nicht klar war, ob Simone zurück kommt oder nicht. Nach ein paar Tagen war klar, dass es nicht klappt und eine Weile dauert, die anderen sind dann nach Hause geflogen und wir haben die Tour alleine weiter gemacht. Inzwischen ist wieder alles gut und sind froh, dass der Europa-Teil klappt.

Kommen wir mal zu Eluveitie. Wie ist die Idee zu Eluveitie entstanden und wie kam es zur Gründung?

Für mich sind Death Metal und traditionelle keltische Folksmusik die Musikstile, die ich am liebsten höre und schon sehr lange spiele. Meine erste Death Metal Band habe ich 1991 gegründet und keltische Folksmusik spiele ich auch schon lange. Ich wollte schon immer mal beides zusammen bringen und aus diesem Grund habe ich es gemacht und Anfang 2000 ist dadurch Eluveitie entstanden, weil ich es mal ausprobieren wollte.

Die Texte von Eluveitie handeln thematisch von den Kelten und deren Kultur, was fasziniert dich daran?

Die keltische Kultur war schon immer ein Teil meines Lebens. Wir kommen aus der Schweiz, das ist ein Land mit keltischen Wurzeln, es ist sozusagen eine Suche nach den eigenen Wurzeln.

Habt ihr auch originale keltische Texte?

Wir haben ein Akustikalbum, es heißt Evocation I und wir sind jetzt an Evocation II und beim ersten Album war das spezielle, abgesehen davon, dass es ein rein akustisches Album war, dass alles originale gallische Texte waren, die vor zwei- bis dreitausend Jahren verfasst wurden. Die Texte sind alle gut zugänglich, für die Texte arbeite ich aber auch mit diversen Wissenschaftlern zusammen, hauptsächlich sind es drei Universitäten. Eine in Zürich, eine in Cambridge und eine in Wien.

Auf Helvetios habt ihr das relativ ruhige Lied „A Rose For Epona“. Um was geht es in diesem Lied?

Das ganze Album erzählt die Geschichte der gallischen Kriege. Der Krieg zwischen Gallien und dem römischen Imperium dauerte fast 10 Jahre. Das römische Imperium versuchte teilweise, die Kelten zu unterwerfen und ins römische Reich einzubringen.
Das Album erzählt die Geschichte, also diese 10 Jahre des Krieges. Die Helvetier, die Urschweizer, einer der größeren Stämme in Europa, haben beschlossen, auszusiedeln, weil ihnen der Druck von Rom, die versuchten, Helvetien einzunehmen, zu groß wurde. Den Auszug haben sie drei Jahre lang vorbereitet, sind losgelaufen und sind nach ein paar Tagen von römischen Kavalerien überfallen worden. Es war ein gigantisches Gemetzel. Sie wurden bei Nacht angegriffen und es wurden tausende Menschen umgebracht, Frauen, Kinder, Alte – alles drum und dran. Das muss man sich schon drastisch vorstellen. Du musst dir die Situation vorstellen, dass Stämme sich in einer geschlossenen Gruppe eine friedliche Zukunft in einer neuen Heimat vorgestellt haben. Es waren auch ganz viele junge Leute dabei, die Träume gehabt haben und eine Familie gründen wollten. Ein viertel vom ganzen Volk wurde in dieser Nacht umgebracht und der Auszug wurde gestoppt. In einer Nacht sind die Träume geplatzt und es muss für viele das Ende des Lebens bedeutet haben. Vielleicht waren auch viele junge Familien dabei und plötzlich fehlte der Mann, weil er in der Nacht gefallen ist. Es war eine schreckliche Sache und um diesen Moment in der Geschichte geht „A Rose For Epona“, es ist aber aus der Sicht einer jungen gallischen Frau geschrieben, die so ein Schicksal erlebt hat und es ist ein Gebet an die keltische Göttin Epona, die gerade bei diesem Auszug eine wichtige Rolle spielte, denn sie war zum Schutz der Kavalerie der Kelten zuständig. Diese junge keltische Frau ist verzweifelt und schickt ein Gebet an Epona. Sie klagt sie so gesehen eigentlich an im Sinne von „Ey, was ist passiert? Wir sind dein Volk, sind dir treu, wir opfern für dich und jetzt passiert so eine Scheiße, willst du mich verarschen.“ Das ist grob zusammengefasst der Inhalt von „A Rose For Epona“.

Auf Origins ist das Lied „The Silver Sister“, kannst du dazu auch noch einmal etwas erzählen?

Das Konzept vor Origins ist, dass das Album ätiologische Sagen aus dem antiken Gallien erzählt, also Ursprungs- und Herkunftslegenden wie jedes Volk sie hat. Die Songs von Origins erzählen eben über die Kelten. „A Silver Sister“ dreht sich um eine keltische Tradition. In jeder Vollmondnacht wurde ein Fest gefeiert, es dauerte bis zum Sonnenaufgang und es wurde die ganze Nacht durchgezecht. Es war mit Kind und Kegel, die kleinen mussten nicht ins Bett, es war eine riesen Sause. Es wurde getanzt und Musik gemacht. Dieses Fest wurde immer zu Ehren eines nicht namentlich genannten Gottes abgehalten. Genau um dieses Fest bzw. diese Tradition dreht sich „The Silver Sister“.  Ich habe zu dem Album noch ein Zusatzbüchlein verfasst, was wissenschaftliche Backgroundinfos zu den Texten enthält.

Du hast Evocation II ja schon angesprochen. Kannst du darüber schon was erzählen?

Klar! Es gibt aber noch nicht so wahnsinnig viel zu erzählen. Das Konzept steht und es wieder in gallischer Sprache sein. Es wird inhaltlich eine Art Fortführung von Origins sein, es soll quasi ein Streifzug durch’s keltische Pantheon sein, jeder Song wird einer keltischen Gottheit gewidmet sein oder sich um diese Gottheit drehen. Musikalisch ist es eine Fortsetzung vom ersten Teil, komplett akustisch und sehr folkig. Ich denke aber, dass es verglichen zum ersten Teil rauer und archaischer sein wird.

Kommen wir mal zu was ganz anderem. 2016 geht’s ja das erste Mal nach Wacken. Kann man da schon mit einer Liedpremiere von Evocation II rechnen oder wird es eine Überraschung?

Ehrlich gesagt haben wir uns darüber noch keine Gedanken gemacht, wer weiß, vielleicht schon.

Gibt es noch etwas, was du noch sagen möchtest?

Ich bedanke mich bei dir für das Interview und bei allen Lesern für ihr Interesse an Eluveitie.

Vielen Dank für das nette Interview!  

Das Interview wurde von Frank Schwalm geführt und nachträglich niedergeschrieben.  Eine Veröffentlichung durch Dritte ist untersagt.