Interview mit Timo Schwämmlein von Varg

Wir haben heute einen super Auftritt von Varg in der Batschkapp in Frankfurt gesehen. Ich habe jetzt Timo neben mir sitzen, er ist Gitarrist bei Varg. Willst du etwas über Varg erzählen – wann wurde Varg gegründet, welche Musikrichtung spielt ihr und wie seid ihr überhaupt zu dem Namen gekommen?

Das sind alles Fragen, die ich gar nicht so leicht beantworten kann. Gegründet wurde Varg 2005 von Freki (Philipp Seiler, Sänger) und Fenrier (Silvester Grundmann, Drums). Fenrier hat sich auch den Namen ausgedacht. Ich bin aber erst 2008 eingestiegen, deswegen weiß ich nicht so viel genaues. Ich kenne die Jungs zwar von damals aber wie genau sie das mit der Gründung gemacht haben, weiß ich leider nicht –  und was wir spielen, keine Ahnung, sag du’s mir, kannst du es irgendwo eintüten? Ich würde jetzt sagen Pagan Metal mit deutschen Texten, ihr habt ja auch manchmal Akkordeons und Geigen dabei, wie bei Rotkäppchen zum Beispiel – Ja, eigentlich nur da aber ich denke, es ist eine breite Mischung.

Das ist ja eine gute Überleitung zur nächsten Frage. Welche Themen behandelt ihr in den Texten denn und ihr singt ja auf Deutsch – warum auf Deutsch, es ist ja eigentlich eher üblich, dass Metalbands auf Englisch singen.

Das ist auch eine Entscheidung die gefallen ist, als die Band gegründet wurde aber Freki hat gemeint, es wäre einfach toller, die Songs in der Muttersprache zu singen, weil es wesentlich leichter ist, sich auszudrücken. Es ist was anderes als wenn du in einer Fremdsprache singst, das war die Hauptbegründung. Das lustige dabei ist, dass wir ja oft kritisiert werden für unsere Texte und ich denke mir jedes mal, ok, bei englischen Bands bzw. englischsprachigen Bands passiert das irgendwie nie und deswegen sage ich ganz gerne, die Leute sollten sich auch mal die englischen Texte übersetzen und vielleicht da auch mal genauer ein Auge drauf werfen, weil, ganz ehrlich, da passiert teilweise so viel Grütze und irgendwie regt sich da nie jemand drüber auf, weil niemand richtig zuhört aber bei uns ist es leicht, weil man es sofort verstehst.

Da muss ich jetzt auch noch mal was sagen. Ich weiß nicht, warum Varg so in Kritik geraten ist, die Texte finde ich gar nicht so schlimm. 

Ja ich meine, wir sind teilweise schon direkt und das ist wichtig, man muss ja nicht ständig um den heißen Brei herum reden. Ich glaube, den Anspruch, den viele bei deutschen Texten haben ist, dass man die Texte nicht so schreibt wie man redet sondern alles muss immer so schön Goethe-mäßig, metaphorisch, wunderbar sein. Die deutsche Sprache ist eine wunderschöne Sprache. Wir haben so viele Worte, um sich ganz ausgewählt auszudrücken, im Gegensatz zur englischen Sprache zum Beispiel, die viel weniger Vokabeln hat. Ich glaube, die Leute erwarten, dass immer alles hochtrabend sein muss wenn man auf Deutsch singt, aber das machen wir ja nicht. Wir singen so wie man redet. Ich glaube, das empfinden viele als billig, weil viele von Deutsch gewohnt sind, dass es so unglaublich lyrisch ist.

Schön erklärt. Dann kommen wir gerade mal zum neuen Album, welches im Januar 2016 rauskommt. Im Vorfeld gab es ja praktisch als Vorgeschmack die Rotkäppchen EP, meine Frage ist, wie kommt man auf Rotkäppchen? Ihr hättet ja genauso gut Rapunzel oder Der Wolf und die sieben Geißlein nehmen können.

Oh, ich frage mich, wie das entstanden ist, ich weiß es gar nicht genau. Also den Song Rotkäppchen gibt’s ja schon seit 2011 auf der Bonus-CD von Wolfskult. Ich weiß echt nicht mehr, wie das entstanden ist, ganz ehrlich, ich kann mich nicht erinnern. Ich weiß nur, dass wir plötzlich den Song am Start hatten. Wir sind ja ziemlich gut befreundet mit Eluveitie – ich zum Beispiel mit Anna – und wir wollten irgendwann mal was zusammen machen und der Song an sich wurde ein bisschen mit dem Ziel geschrieben, dass wir mit Anna zusammen eine Kollaboration machen. Weil der Song dann nicht mehr in das Konzept des Hauptalbums gepasst hat, ist er auf der Bonus-CD gelandet aber hat sich zu einem Live-Hit etabliert. Die Leute wollen ihn immer hören und da haben wir gedacht, wir legen ihn noch einmal neu auf und machen die EP.

Ich finde es auch sehr interessant, dass das Märchen einfach mal umgedreht wird, also dass der Wolf der Gute ist und Rotkäppchen die Böse.

Das ist im Endeffekt ja auch der ganze Witz. Wir machen ja die ganze Zeit „Wir sind die Wölfe“ etc. und das konnten wir einfach nicht so auf dem armen Wolf sitzen lassen, das geht nicht, deshalb das fiese Rotkäppchen.

Du hast mir die Frage vorhin ja schon fast beantwortet, wie es dazu kam, dass ihr Gastmusiker engagieren konntet…

Sämtliche Gastmusiker in unserer kompletten Bandgeschichte sind immer Leute von Bands gewesen, mit denen wir zusammen auf Tour waren. Wir haben was mit Anna und Päde (Eluveitie) gemacht und auf der Rotkäppchen EP ist eine Version mit Chris von Alestorm und mit den Jungs von Trollfest aus Norwegen – das sind auch alles Bands, mit denen wir schon auf Tour waren. Wir haben sie einfach gefragt, ob sie Bock haben, so etwas zu machen. Es sind im Endeffekt alles Tourfreundschaften, die entstanden sind, wo man mal fragen kann, ob jemand Lust hat, ein Lied zusammen zu spielen und wenn dann jemand „Ja, klar!“ sagt, kommen so verrückte Sachen bei raus.

Könntest du es dir eigentlich auch mal vorstellen, bei Eluveitie zum Beispiel als Gast-Gitarrist mitzuspielen?

Klar! Ich finde so etwas immer spannend, wenn Musiker aus zwei verschiedenen Bands, also zwei verschiedene Kosmen aufeinander treffen und sich das so vermischt, wie bei Rotkäppchen zum Beispiel. Wir haben ja sonst keine Drehleier aber das ist das, was den Song so besonders macht und er deshalb auch anders ist als alle anderen. Ich finde das cool – und ich meine, es klingt ja jetzt auch nicht wie ein Eluveitie- Song aber auch nicht wie ein typischer Varg-Song.

Bei der Heidenfest Tour haben wir ja heute die Halbzeit erreicht, das Bergfest. Ihr tretet ja viel in Deutschland auf – auch im Rahmen der Heidenfest Tour. In Pratteln wart ihr auch im Rahmen der Tour. Gab es sonst schon Auftritte im Ausland, zum Beispiel in Frankreich oder Polen?

Wir waren um Deutschland herum eigentlich schon überall. In Polen, Tschechien, Ungarn, Slovenien, auch in Österreich, wie schon gesagt in der Schweiz, Italien war auch dabei. Um mal etwas nördlicher zu gehen: England, Dänemark, Schweden und 2013 auch schon in Nordamerika und Kanada auf Tour. Also, wir sind schon ganz gut ‚rumgekommen.

Und jetzt mal eine Frage, die ich auch schon Chrigel (Eluveitie) gestellt habe: Wie unterscheidet sich das Publikum im Ausland von dem in Deutschland?

Das kommt ganz drauf an welches Ausland. In Amerika merkt man total, wie sehr sie auf Deutsche Bands abfahren. Sie sind unglaublich energetisch und wollen wissen, wer wir sind und finden das total geil. Sie kommen auch sehr schnell auf einen zu – die Deutschen sind da eher schüchtern – und wollen direkt Autogramme. Bei den Deutschen ist es eher so, dass sie lieb um ein Autogramm bitten – und das eben eher schüchtern.
Deutschland, Österreich und die Schweiz nehmen sich da nicht so viel, das ist alles recht ähnlich. Weiter östlich Richtung Ungarn, Slovenien, usw. merkt man, dass sie sehr dankbar sind. Man merkt, dass es für sie eine größere Ausgabe ist, eine Konzertkarte zu kaufen und deswegen saugen sie Konzerte so richtig auf, das merkt man schon.

Das Interview wurde von Frank Schwalm geführt und nachträglich niedergeschrieben. Eine Veröffentlichung durch Dritte ist untersagt.

Heidenfest Tour Varg